Kinder unterschiedlichen Glaubens genießen Adventszeit
Foto: Thorsten Gutschalk
Quelle:https://www.lampertheimer-zeitung.de/lokales/bergstrasse/lampertheim/kinder-unterschiedlichen-glaubens-geniessen-adventszeit_19261644
von Vanessa Körber
Die Adventszeit ist vor allem für die Lampertheimer Schillerschule eine ganz besondere Zeit. Seit elf Jahren verwandelt sich die Grundschule im Dezember in einen lebendigen Adventskalender; mit lustigen und besinnlichen Darbietungen verbreiten Schüler, Vereine und Institutionen weihnachtliche Stimmung in der Innenstadt. Stimmung, die laut Rektorin Annette Wunder-Schönung und ihrer Stellvertreterin Beate Gündling auch auf die Kinder überschwappt, die mit Weihnachtsmann und Co. normalerweise so gar nichts zu tun haben.
„Von der Türkei und Syrien über Polen und Rumänien bis hin zu Italien oder Sri Lanka sind bei uns an der Schule Kinder aus den unterschiedlichsten Herkunftsländern vertreten“, erklärt Gündling, „allein schon durch unsere Intensivklasse, in der Flüchtlingskinder betreut werden.“ Entsprechend seien auch die vertretenen Glaubensrichtungen sehr unterschiedlich: Christ, Moslem, Buddhist – oder auch nichts: „Da ist alles dabei“, sagt die stellvertretende Schulleiterin. Was die Kinder aber verbinde: Die Bräuche und Aktionen, die mit der Weihnachtszeit einhergehen, seien bei allen sehr beliebt.
Lieder, Gedichte und Spielszenen vorbereiten
Dazu zähle vor allem die Kalenderaktion der Schule. „Jede Klasse ist bei uns für die Unterhaltung zweier Fenster zuständig“, erklärt Wunder-Schönung, „im Unterricht werden hierzu Gedichte, Lieder oder Spielszenen so vorbereitet, dass sich die Passanten auf dem Schillerplatz daran erfreuen können.“ Die Vorfreude sei den Kindern schon im Herbst anzumerken, „sie fragen auch regelmäßig nach, wann es wieder losgeht.“
Auch innerhalb der Klassen würden verschiedene Bräuche und Traditionen aufgegriffen, wie Gündling berichtet: „Jede Klasse hat bei uns einen eigenen Adventskalender, an dem sich jedes Kind einmal bedienen darf.“ Zu den Überraschungen, die er hervorbringt, zählten beispielsweise Gutscheine für „Hausaufgaben frei“ oder Wünsche nach Spielen im Sportunterricht. Immer mal wieder werden die Bedeutung von Advent im Sinne von Ankommen auch im Unterricht thematisiert. Und auch das Zünden der Adventskerzen sei ein Ritual, an das sich oft eine kleine Geschichte anschließe, die zum Einstieg in den Unterricht vorgelesen wird. „Man merkt schon, dass die Schüler das genießen und dadurch auch ein bisschen zur Ruhe kommen“, so Gündling.
Zur Ruhe kommen – das mag auch der zehnjährige Salman, der aus Pakistan kommt. Er mag es, dass an Weihnachten alles so schön geschmückt wird, „vor allem unsere Schule“. Gefallen findet er auch daran, dass seine Klasse regelmäßig das Dietrich-Bonhoeffer-Haus und das Krankenhaus besucht, um Lieder vorzusingen und Alte und Kranke damit zu erfreuen. „Manchmal sagen wir auch ein Gedicht auf“, erklärt er.
Pelda, ebenfalls zehn Jahre alt, ist Kurdin. „Mir gefällt, dass wir in der Weihnachtszeit so viel basteln“, erzählt sie. Zuhause feiere ihre Familie kein Weihnachten, „aber manchmal gehe ich mit meiner Familie am 24. Dezember in ein Restaurant. Und ab und zu gibt es dann sogar auch Geschenke“, verrät sie.
Dass Bräuche verschiedener Religionen und Glaubensrichtungen miteinander verbunden werden, sei gar nicht so selten, wie das Schulleitungsteam berichtet. „Wir haben auch Kinder hier, die mit ihren Eltern zusammen die Moschee besuchen, aber trotzdem mit uns vor dem Adventskranz sitzen“, erzählt Gündling. Häufiger berichteten Kinder zuhause auch, dass sie zwar kein Weihnachten in dem Sinne feiern, sich aber Traditionen wie dem Beschenken anpassen. Dass die Kinder in dieser Form teilhaben ist laut Wunder-Schönung sehr wichtig. „Wir missionieren hier keinen. Aber es ist wichtig, dass die Kinder wissen, in welchem Land sie leben und welche Traditionen es dort gibt.“ Ab und zu nähmen Kinder die Zeit auch zum Anlass, um über ihnen bekannte Bräuche zu berichten, „sie erzählen dann beispielsweise vom Zuckerfest, und wir erkennen Unterschiede und Gemeinsamkeiten.“
Dass Kinder neugierig und offen sind, ist nichts Neues. Doch wie stehen die Eltern zum vorweihnachtlichen Programm? „Kritische Stimmen gab es da eigentlich noch nie“, sagt Wunder-Schönung, „das wäre auch schade.“ Viel zu groß sei der Spaß, mit dem die Kinder bei der Sache wären.